Lehrer sind besonders betroffen von burn out

Die Popularität des burn-out Syndroms ist im Moment sowohl Segen als auch Fluch in der erfolgreichen Behandlung ausgebrannter Patienten. 

Segen, weil damit psychische Erkrankungen stärker Teil des gesellschaftlichen Lebens werden. Jeder kennt jemanden, der betroffen ist, seelische Erkrankungen lassen sich nicht mehr so leicht an den Rand drängen und stigmatisieren. Diese Entwicklung führt über den sozial nachlassenden Konformitätsdruck im Schnitt zu einem früheren Behandlungsbeginn und damit zu kürzeren Leidensgeschichten.

Fluch ist die zunehmende „Popularitätsvermutung“ gegenüber Burn-out-Erkrankungen, die Unterstellung es handele sich dabei um eine Pathologisierung ganz gewöhnlicher -letztlich verkraftbarer – Vorgänge. Diese Konnotierung als „Modeerkrankung“ diskriminiert die Betroffenen abermals und nimmt letztlich nur die tradierten aber unhaltbaren Vorbehalte gegen psychische Erkrankungen aus medizinischen Vorzeiten wieder auf, die für lange überwunden gehalten wurden.

Burn-out für eine Modeerkrankung zu halten, ist aber eine völlige Verkennung der Sachlage. Der Begriff ist zwar relativ neu, die damit bezeichnete Sache aber wohlbekannt.

Besonderheiten des Lehrerberufs

Was macht Lehrer verwundbar?

Vor über einhundert Jahren berichtete etwa der Geheime Sanitätsrat Wichmann auf einem Kongress deutscher Ärzte in Kassel von einer Nervenkrankheit, die er Neurasthenie nannte, und die er als typische Berufskrankheit von Lehrern einführt. In der Tat verfügt die Neurasthenie nach wie vor sogar über einen gültigen ICD-10 Schlüssel, sie wird allerdings kaum noch diagnostiziert, unser Verständnis von burn-out ist mittlerweile deutlich fortgeschritten und differenzierter, aber die Symptome, die Wichmann beschreibt sind diejenigen, die wir sehr gut von burn-out-Erkrankten kennen. Als der Begriff ‚burn-out‘ Anfang der 70er Jahre in unserer heutigen Verwendungsweise geprägt wurde, gerieten Lehrer als herausgehobener Betroffenenkreis recht schnell in den Fokus der Untersuchungen. Es gibt sogar Stimmen, die nur bei sozialen Berufen mit stark asymmetrischer Rollenverteilung (Lehrer, Sozialarbeiter usw.) überhaupt von einem originären burn-out sprechen wollen und anderen Berufsgruppen nur eine dem burn-out analoge Krise zugestehen wollen.

Es ist die einseitig gebende Beziehung, die dem Lehrerberuf sein Gepräge gibt und die als Risikofaktor für burn-out gelten muss. Der Lehrer hat den Erfolg der eigenen Arbeit nicht selbst in der Hand (im Unterschied etwa zum Ingenieur), will er erfolgreich sein, ist er auch auf den Schüler verwiesen. Zudem: Schulgesetze und Verordnungen geben keine Auskunft darüber, wann die Aufgabe des Lehrers erfüllt ist, engagierte Lehrer neigen so zur Selbstausbeutung und Selbstüberforderung, es existieren kaum institutionelle Schutzmechanismen, die den Lehrer vor sich selbst in Schutz nehmen, das kann dann auch ein Ansatzpunkt der Behandlung bei uns sein.